Donnerstag, 2. Juni 2016

Dinoflagellaten

Alptraum Dinoflagellaten

Auf Wunsch einiger Leser möchte ich dieses Thema aufgreifen. Was ich schreiben werde, beruht leider auf eingehenden eigenen Erfahrungen, aber auch auf der Korrespondenz mit 2 Herstellern von Behandlungsmitteln und intensivster Recherche im Internet, einschließlich diverser amerikanischer Foren.

Ich sage nicht, dass meine Meinung ausschließlich richtig ist oder sein soll. Es geht lediglich um meine praktischen Erfahrungen und erlerntes Wissen. Da es nie die eine und einzige Lösung gibt, gibt es sicherlich auch noch Handlungsansätze, welche hier unerwähnt bleiben.

So, nun zum Thema. Wie die Überschrift schon sagt, sind Dinoflagellaten ein Alptraum für jeden Meerwasseraquarianer. Auch mich hat es schon zweimal erwischt und beim ersten mal hat das Spiel ein komplett mit Steinkorallen besetztes 500 L Becken erledigt. Damals habe ich aus Unwissenheit und schnellem Aktionismus aber auch einiges falsch gemacht und so den Crash mit verschuldet. Beim 2. mal wusste ich einiges schon besser zu bewerten und konnte die Plage schnell in den Griff bekommen. 

So sieht ein Dinobefall aus :
Bildquelle: Archiv-Korallenriff

Weiter oben schrieb ich, dass es nie die eine Lösung gibt und das stimmt auch. Eines haben aber fast alle geplagten Becken gemeinsam - die Ursache für die Dinos. Diese Gemeinsamkeit ist zwar nicht in jedem Fall 1:1 die Selbe, aber es gibt immer Parallelen bei den befallenen Becken. Diese Gemeinsamkeit ist das gestörte biologische Gleichgewicht im Aquarium. Das hört sich wie eine Floskel an und Unbelehrbare werden jetzt denken "ach, immer dieses Bakterien und Bio-Gleichgewicht Gefasel", aber so ist es nun mal. Sich bei Problemen wegducken und auf Besserung hoffen bringt nichts und bei Dinoflagellaten schon lange nicht!

Sind Sie nämlich erst einmal deutlich sichtbar und haben eine gewisse Populationsdichte erreicht, ist schnelles Handeln gefragt. Wer es mit konservativen Methoden, wie beispielsweise PH Wert Anhebung durch Kalkwasser, Lichtentzug etc. versuchen will, dem Wünsche ich viel, nein sehr viel Glück. 

Ich vertrete die Meinung, bei deutlich sichtbaren Dinoflagellaten Befall direkt mit einem der bekannten Behandlungsmittel  zu arbeiten (Dino X von Fauna Marin & Phyco Ex von aqua biotica/Mrutzek). Ich nenne hier nur 2 der 3 bekanntesten Mittel, weil ich von dem dritten Mittel nicht viel halte, ohne dessen Namen zu nennen.

Bitte vor einer Behandlung per Mikroskop sicherstellen, dass es sich auch wirklich um Dinos handelt!! So sieht das unter dem Mikroskop aus: 

Der Einsatz dieser Mittel ist zwar ein massiver Eingriff ins das laufende System, aber das betroffene System ist eh schon massiv gestört und die Nebenwirkungen sind denen der Dinoflagellaten definitiv unterzuordnen. Dinos geben Giftstoffe ab, welche den Lebewesen im Aquarium massiv schaden können.

Wie diese Mittel wirken will ich nur kurz und vereinfacht beschreiben. Solche Mittel basieren auf quartären Amoniumverbindungen, also auf organischen Verbindungen. Diese lagern sich in der Zellmembran der Dinos ein und verhindern die Zellteilung und somit die Fortpflanzung. So ist es dann nur eine Frage der Zeit, bis die Dinos sterben und die Beläge nicht mehr sichtbar sind. Bei beiden genannten Mitteln ist es wichtig genau nach der Anleitung zu arbeiten. Dazu gehört das vorherige entfernen aller Ab- und Adsorber aus dem Becken, die Reduzierung der Beleuchtung auf maximal 6 h und eine gute Abschäumung. Weiterhin muss auf Wasserwechsel und jegliche Zugaben von Spurenelementen verzichtet werden. Das ausgewählte Mittel wird alle 2 Tage eine Stunde nach Abschalten der Beleuchtung dosiert.

Beherzigt man das, ist der Spuk in aller Regel nach ca. 20 Tagen vorbei. Es wird angeraten noch 2-3 mal zu dosieren, nachdem schon keine Dinos mehr sichtbar sind.

Die Behandlung haben wir nun erläutert, aber wo kommen die Biester den her und warum?

Dinos sind in jedem Aquarium vorhanden. Beispielsweise sind die Zooxanthellen unser Korallen Dinoflagellaten! Einige von Euch werden schon einmal beobachtet haben, dass eine Koralle solch dunkelbraune Fäden absondert. Das sind überschüssige Zooxanthellen. Diese Zooxanthellen/Dinos können diesen Vorgang natürlich überleben und so den Start einer Plage bilden. Nämlich dann, wenn ausreichend Besiedlungsraum frei ist und die Bedingungen zur Vermehrung stimmen! 

So sind wir nun wieder beim gestörten Gleichgewicht. Haben wir nämlich in unserem kleinen Riff eine nicht funktionierende Bakterien- und Kleinstlebewesen Fauna, so wird es freien Siedlungsraum auf dem Sand und den Steinen geben. Diese freien Plätze werden dann oft von "Pionierbesiedlern" besetzt, weil diese die Fähigkeit haben sich sehr schnell an sich ändernde Bedingungen anzupassen, bzw. explosionsartige Vermehrungsmöglichkeiten haben. Dazu können Dinos, wie auch beispielsweise Cyanos gehören. Ist ausreichend Platz vorhanden ist der Weg für eine Massenvermehrung quasi geebnet. Es ist also immer sehr wichtig, die biologische Basis des Aquariums zu pflegen und gesund zu erhalten. Es gibt dafür mittlerweile genügend Systeme am Markt, welche uns mit Additiven helfen eine funktionierende Fauna im Becken zu schaffen. Als Beispiel möchte ich hier das Korallenzucht Basis System von Thomas Pohl nennen oder Teile der Produktlinie Sangokai. Beide Systeme setzen auf eine funktionierende Basis, ohne die es nun mal nicht geht.

Natürlich darf man bei all diesen Ansätzen auch das Thema Strömung und Licht nicht vergessen. Gibt es hier Defizite, kann das natürlich ebenso zu Problemen führen. 

Damit Dinos und andere Plagen gar nicht erst auftreten, muss man immer das Gesamtkonzept betrachten und es bestmöglich umsetzen oder halt verbessern, wenn es nötig ist.

Oft treten vor, während oder nach einer Dinoplage auch Cyanobakterien auf. Dies liegt ebenfalls am gestörten System und den damit guten Bedingungen für eine Massenvermehrung einer bestimmten Spezies. Auf Cyanos und deren Bekämpfung gehe ich später einmal genauer ein. Ich möchte aber kurz erwähnen, dass Dinoplagen oft nach einer "falschen" Cyanobekämpfung auftreten. Nämlich dann, wenn Cyanos mit allgemein bekannten "Wundermitteln" bekämpft werden und somit die gesamte Bakterienpopulation des Systems durch Antibiotika vernichtet wird. In dem Fall hat man sich die Dinos geradezu eingeladen. Das muss nicht immer der Fall sein, aber leider ist es viel zu oft so, dass solche Mittel eingesetzt werden und diese Folgen haben. Es liegt aber in unserer Natur den Fehler oder die Ursache immer auf einfache Weise woanders zu suchen oder von sich zu weisen. Da meine Erfahrungen mit der Bekämpfung der Dinos nicht ganz unbekannt sind, werde ich oft um Rat gefragt. In 70% der Fälle hatten die betroffenen im Vorfeld Cyanos und diese entsprechend falsch behandelt. Auch bei mir war das damals so.

Ich beobachte auch oft, dass bei der Dinobekämpfung ungeduldig von einem Mittel zum anderen gewechselt wird. Auch das bringt keinen schnelleren Erfolg, meist sogar einen Rückschlag, da die Nutzer dazu neigen den Weg nicht bis zum Ende zu gehen. Hört man zu früh mit der Behandlung auf und behebt die Ursachen nicht, kommt es oft schlimmer zurück, als es schon war. Dann heißt es oft: Diese Mittel bringen doch alle nichts. Falsch, der Fehler liegt fast immer beim Anwender!

Manch einer mag sich fragen warum ich zu Anfang die amerikanischen Foren erwähnt habe?! Weil dort ausgiebig über die Bekämpfung der Dinos mittels Wasserstoffperoxid berichtet wird. Es mag bei dem ein oder anderen geholfen haben, aber bitte versucht diesen Weg nicht. Es bringt nichts und macht im Umkehrschluss alles nur schlimmer, weil Ihr Zeit verschwendet um das Problem korrekt zu lösen. Ich habe es in meiner Verzweiflung bei meiner ersten Plage ausgiebig versucht und weiß wovon ich spreche.

Treffen kann es aber grundsätzlich jedes Becken und ich habe sicherlich, aber bewusst, nicht jede Möglichkeit dafür beleuchtet. Wichtig ist in jedem Fall eine genaue Diagnose, gezieltes Handeln, Ursachenforschung- und Behebung.

Eines sei noch erwähnt: Die Bekämpfung der Dinos mit besagten Mitteln funktioniert, aber kein Vorteil ohne Nachteil, sagt man so schön. Seeigel und Anemonen werden auf Dauer nicht begeistert sein. Bei mir hat es die Anemone gut verkraftet, mein Seeigel hat aber alle "Stachel" abgeworfen und es zum guten Schluss auch nicht geschafft. Das ist nicht immer der Fall und soll Euch bitte nicht von der konsequenten Behandlung abhalten. Wer einen Seeigel hat, kann diesen vielleicht bei einem befreundeten Aquarianer oder Händler unterbringen, um gänzlich sicher zu gehen. Generell tragen Korallen und Wirbellose durch das Mittel keine Schäden davon. Ausnahmen gibt es natürlich, allerdings sind die Gründe dafür eher in den Nebenwirkungen der Gesamtsituation zu suchen.

Ich habe versucht das Thema eher allgemein zu beschreiben, damit mir beim Lesen keiner einschläft. Ich hoffe das ist mir gelungen. Sollten aber noch Fragen aufkommen, bin ich gerne für Euch ansprechbar.




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